Michael Ebert betreut an der Hochschule Magdeburg-Stendal zusammen mit Prof. Elke Grittmann den Nachlass des zweifachen Pulitzer-Preisträgers Horst Faas. Die Förderung des Nachwuchses war Faas zeitlebens ein besonderes Anliegen. Dutzende von jungen Fotografen durchliefen während des Vietnam-Kriegs seine Schule, die manchmal scherzhaft „Horsts Army“ genannt wurde. So war es nur konsequent, dass er den 2008 an der Hochschule Magdeburg-Stendal gegründeten Studiengang für Bildjournalismus mit Rat und Tat unterstützte. Im gleichen Jahr vertraute er der Hochschule auch seinen beruflichen Vorlass an, der nun zum Nachlass geworden ist. Horst Faas hat seine gesamte Laufbahn konsequent dokumentiert. In Magdeburg werden nun unzählige Exponate bewahrt, die Faas‘ Leben als Reporter und unmittelbarer Zeitzeuge eindrucksvoll belegen. Darüber hinaus geben sie einen intensiven Einblick in eines der ungewöhnlichsten Kapitel der Mediengeschichte und seiner Protagonisten. Neben Fotos und Veröffentlichungen gehören dazu auch Briefe, Objekte und Geräte. Die Hochschule Magdeburg-Stendal hat es sich zum Ziel gesetzt dieses einmalige Erbe zu bewahren und wissenschaftlich aufzuarbeiten. Es ist beabsichtigt, zeitnah eine Stiftung zu gründen und inzwischen wurden auch schon Forschungsgelder beantragt.
Horst Faas, der am 10. Mai 2012 im Alter von 79 Jahren verstarb, gilt als eine der markantesten Persönlichkeiten des modernen Fotojournalismus. "Als Horst Faas nach zehn Jahren aus Vietnam fort
ging, bescheinigten ihm Militärangehörige, dass er wahrscheinlich mehr gesehen und erlebt habe, als die meisten Soldaten, die an Kampfeinsätzen beteiligt waren."
Faas begann seine Karriere 1951 in München als Fotograf bei der Bildagentur Keystone. 1956 wechselte er zu der internationalen Nachrichtenagentur AP, für die er danach an allen Krisenherden
fotografierte. Wie alle deutschen Fotojournalisten, die es zu Weltruhm brachten, fand er seine berufliche Anerkennung überwiegend im Ausland. Algerien, Kongo, Palästina, Indien Bangladesch und vor
allem Vietnam sind die geographischen Marken eines bewegten Reporterlebens. Von 1962 bis 1974 leitete er die Fotoredaktion der AP in Saigon und berichtete damit über die gesamte Dauer des Krieges aus
Vietnam. Dabei sah sich Faas immer mehr als Journalist der fotografiert, und weniger als Fotograf der journalistisch arbeitet. Er tauschte regelmäßig die Kamera mit der Schreibmaschine und schrieb
etwa über die Befehlsverweigerung einer unter Beschuss liegend US-Einheit in Vietnam. Ein Bericht, der sogar den US-amerikanischen Präsidenten Lyndon B. Johnson verärgerte.
Horst Faas wurde gleich zweimal mit dem Pulitzer-Preis, dem Oscar der Journalisten ausgezeichnet. 1965 für seine Berichterstattung aus Vietnam und 1972, zusammen mit Michel Laurant, für die Bilder eines Massakers in Dhaka. Zahlreiche andere Preise, so zweimal der Robert-Capa-Award, folgten. 1976 wurde Horst Faas in London Fotochefredakteur der AP für “Europe, Africa and the Middle East“ und dort war er auch federführend bei der Umstellung auf die digitale Technik. Zusammen mit Tim Page gestaltete er 1997 die Ausstellung „Requiem". Sie ist den 135 Fotografen beider Seiten gewidmet, die in den Indochinakriegen ihr Leben ließen. In den folgenden Jahren widmete er sich verstärkt dem Schicksal verschollener Kollegen. Er suchte und fand den abgestürzten Hubschrauber, in dem 1971 Henri Huet, Larry Burrows und drei weitere Reporter starben. Dazu veröffentlichte er 2004 das Buch „Lost over Laos“. Im folgenden Jahr verlieh die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh) Horst Faas für sein Lebenswerk den Dr.-Erich-Salomon-Preis und würdigte ihn mit der Ausstellung „Visible War“, die in mehreren deutschen Städten gezeigt wurde.
„Vietnam – a grim AP-Assignment“ heißt es in einer Werbeschrift der großen Agentur für ihre Kunden. Für Horst Faas war der Sumpf des Mekong-Deltas auch ein Arbeitsplatz, verbunden mit der
Schizophrenie, dass ein schreckliches Bild, das Abbild des Leidens eines Menschen auch Erfolg, Preis und sogar eine Gehaltserhöhung bedeuten konnte.
Gleichwohl sind viele der Bilder, die Horst Faas machte oder die er in seiner Eigenschaft als AP-Fotochef in Saigon editierte, unauslöschlicher Bestandteil des kollektiven Bildgedächtnisses geworden.
Die Erschießung eines Vietcong von Eddie Adams 1967 ebenso wie das „Napalm-Mädchen“, 1972 aufgenommen von Nick Ut. Vielleicht das bekannteste Kriegsbild überhaupt, das ohne den vehementen Einsatz von
Horst Faas nie publiziert worden wäre. Die frontale Abbildung der nackten 9jährigen Kim Phuc entsprach nicht den Regeln der Agentur und Horst Faas war es, der das Bild in der New Yorker AP-Zentrale
durchsetzte. Bezeichnenderweise sind es diese Bilder, die uns zuerst in den Sinn kommen, wenn wir an Kriege denken. Vor ihnen erscheint die Bilderflut der aktuellen Konflikte seltsam
verwässert.
Keine Frage, die Aufnahmen aus Vietnam sind in der Geschichte der Kriegsfotografie ohne Beispiel. Dort gab es praktisch keine Zensur und die Reporter hatten ein hohes Maß an Bewegungsfreiheit, die
heute undenkbar ist. Richard Nixon erklärte 1974, dass der Krieg in den Medien verloren wurde. Danach haben die Mächtigen der Welt aus dieser Erkenntnis gelernt. Nie mehr sollten Journalisten eine
solche Freiheit in der Berichterstattung bekommen wie in Vietnam.
Faas nahm an zahllosen Kampfeinsätzen teil und wurde 1967 nahe der kambodschanischen Grenze durch Granatsplitter schwer verwundet. Vor diesem Hintergrund ist es traurige Ironie, dass ihn seine schicksalhafte Krankheit 2005 auf einem Treffen ehemaliger Korrespondenten in Vietnam ereilte. Er musste Wochen in einer Bangkoker Klink verbringen und war nach seiner Rückkehr an den Rollstuhl gefesselt. Dieses Schicksal ertrug Faas mit dem ihm eigenen Pragmatismus und er ließ sich nicht davon abhalten weiterhin aktiv am Leben teilzunehmen. Aber die Krankheit schwächte ihn zunehmend und so verstarb er am 10. Mai 2012 in einem Münchner Krankenhaus.
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